Fastnacht und Politik
Die Mainzer Fastnacht und die Politik
Die Mainzer Narren hegen traditionell eine Vorliebe für politische Themen, die bei den Büttenvorträgen sowie den Motivwagen des Rosenmontagzugs besonders deutlich zum Ausdruck kommt.
Dabei war die Mainzer Fastnacht in der Anfangszeit nach der ersten echten Kampagne 1838 durchaus unpolitisch: Die Aktivitäten der organisierten Narren – wie die Gründung des MCV und der Ranzengarde sowie Sitzungen und der Fastnachtsmontagszug – beobachtete die großherzoglichen Obrigkeit einerseits kritisch, andererseits förderte sie diese wegen ihrer ordnenden Funktion des närrischen Treibens aber auch.
Im Vorfeld der Revolution von 1848 begann die Mainzer Fastnacht sich schließlich zu politisieren: Der Führer der Mainzer Demokraten Franz Heinrich Zitz wurde 1843 Präsident des MCV und die Narrenzeitung „Narrhalla“ setzte sich unter der Redaktion von Ludwig Kalisch als einzige Publikation für Demokratie und Pressefreiheit ein. 1848 fiel die Fastnacht zwar aus – doch am Aschermittwoch konnte von Zitz den begeisterten Mainzern den Sieg der Revolution verkünden.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verstärkte sich der politische Aspekt der Fastnacht. Dabei wurde immer mehr die Weltpolitik närrisch beleuchtet. Auch Politiker selbst erschienen mehr und mehr auf Sitzungen und Zügen. Doch mit Beginn der Machtübernahme der Nationalsozialisten nahm die Politik unmittelbaren Einfluss. Die Gleichschaltung erfasste nach und nach die Mainzer Fastnacht: unliebsame kleinere Gruppen wurden aufgelöst, Programme und Texte unterlagen der Zensur durch die NSDAP. Die Beiträge der Narren aus dieser Zeit entsprachen weitgehend dem Zeitgeist – jedoch gab es durchaus verschlüsselte Kritik, wie zum Beispiel das Motto von 1935 „Alles unner ääner Kapp'“ zeigt.
In der Nachkriegszeit fand die Mainzer Fastnacht schließlich wieder zu ihrer politisch geprägten Form zurück, die vor allem mit der Kunst des politischen Büttenvortrags gepflegt wird.