Online Reaktionen auf Spahns Ankündigung, Fastnacht abzusagen
Die Aussage des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU), sich für die Absage der Karnevals-Kampagne 2020 / 2021 auszusprechen, hat für viel Aufsehen im Netz gesorgt. Innerhalb weniger Stunden haben hunderte Menschen ihre Meinung in Social Media kundgetan.
Das Mainzer Marktforschungsunternehmen m-result, the data company GmbH - Spezialist für datenbasiertes Marketing, hat über 1.000 Kommentare (n=1.004) zu einer möglichen Absage von Karnevalsveranstaltungen auf 5 verschiedenen online Kanälen in Mainz (Allgemeine Zeitung, Merkurist Mainz) und Köln (Kölner Express, Kölner Stadt Anzeiger, Kölnische Rundschau) analysiert.
Fragestellung: Wie stehen die Menschen zu einer möglichen Absage der Fastnachtskampagne 2020/2021 und wie begründen sie ihre Meinung? Im Sinne der Fragestellung sind 24% der Kommentare eindeutig einer Stimmung zuzuordnen. In den sonstigen Kommentaren wird nur allgemein Stellung zu den Themen Pandemie, Impfungen, Politik, etc. bezogen.
Insgesamt befürworten 3/4 der User eine Absage (76%). Entsprechend äußern sich ¼ (24%) kritisch über eine Absage. Dabei ist das Stimmungsbild momentan in Mainz eindeutiger als in Köln: in Mainz scheint man eher mit einer Absage leben zu können (91% würden eine Absage befürworten) als in Köln, wo nur 71% der Menschen einer Absage zustimmen würden.
Ein Blick auf die O-Töne zeigt, dass die Motive hinter den Stimmungen vielseitig sind:
User, die eine mögliche Absage von Fastnacht unterstützen (76%), …
… würden sich über frühzeitige und klare Aussagen freuen, um die Vereinsarbeit besser steuern zu können
- „Wenn sich die Regierung zur Absage entschließt, dann bitte möglichst zeitnah, damit die KGs nicht unnötig Zeit und Geld in die Planung der Session stecken.“
- „Richtige Entscheidung. So können die Vereine gebuchte Gruppen absagen und müssen keine Strafen zahlen. Ist zwar schade, aber die Vernunft muss hier siegen.
- „[…] abgesehen davon finde ich es auch völlig ok die Kampagne 20/21 ausfallen zu lassen. Es haben sich sowieso schon viele Gruppen und Redner dazu entschlossen nichts vorzubereiten.“
- „[…] so können auch kleinere Vereine überleben, denn damit sind die Konventionalstrafen für gebuchte Künstler hinfällig.“
… ziehen Vergleiche zu anderen Events und Veranstaltungen, die ebenfalls abgesagt werden (mussten)
- „Clubs dürfen nicht öffnen oder nur unter Bedingungen, die sich nicht lohnen. Warum sollte für die Fastnacht Ausnahmen gemacht werden?“
- „Es wird schon wieder überlegt, Familienveranstaltungen zu verbieten, aber Karneval hingegen soll stattfinden? Also die gleiche Veranstaltung, die zur Ausbreitung des Virus in Deutschland massiv beitrug ...“
- „Es wäre eine Frechheit allen Veranstaltungen gegenüber, die seit Monaten nicht stattfinden und weiterhin auch nicht dürfen. […] Mit welchem Recht sollte es für Karneval eine Sondergenehmigung geben?!“
- „Seit März wird mir der Besuch von Fußballspielen genommen. Alles andere als Karneval ausfallen zu lassen wäre Schwachsinn.“
… argumentieren mit dem besonderen Risiko einer Ansteckung an Fastnacht
- „Wo war der erste größere Corona Ausbruch dieses Jahr? Auf einer Sitzung!“
- „Sobald Alkohol im Spiel ist sind ohnehin alle Regeln überflüssig. Das sieht man ja jetzt schon.“
- „Wenn am Ende wegen ein paar tollen Tagen [Anm.: Heinsberg] alles im Land wieder dicht gemacht werden muss, ist das auch nicht das Gelbe vom Ei!“
- „Schon immer wird nach Karneval die Grippewelle verstärkt. Meiner Meinung nach hätte man 2020 schon ausfallen lassen müssen.“
- ..wollen im Zweifel lieber gar nicht feiern, als „nur halb“ – und sehen eine Chance, Fastnacht neu zu entdecken
- „Gesundheit geht vor. Wie kann ich ausgelassen feiern, wenn ich mein Leben und das Leben anderer gefährde?“
- „Was nützt eine Sitzung, wenn man nicht schunkeln und unbeschwert feiern kann?“
- „Nachdem dieses Jahr alles abgesagt wurde kann ich mir nicht vorstellen, wie man dieses Fest durchführen könnte. Und wenn, dann hat es mit Karneval nichts mehr gemein.“
- „Was genau wäre denn vom Karneval noch übrig?“
- „Vielleicht DIE Gelegenheit Karneval neu zu denken. Ohne Pferde, […] Karneval in den Innenstädten entzerren.“
- „So wird man Karneval 2021 feiern können: Im kleinen Kreis vergnügt bei Karnevalsmusik aus der Box, bei gutem Essen und einem Gläschen lieblichen Rheinweins. Dazu im TV eine Sitzung. Warum nicht?“
User, die eine mögliche Absage von Fastnacht nicht unterstützen (24%), …
… empfinden eine mögliche Absage als Frechheit gegenüber der Arbeit von Vereinen und Aktiven
- „Da gibt es Vereine, die sich Gedanken machen - wie man was veranstalten kann trotz Corona und unter den gegebenen Auflagen - und dann kommt Spahn um die Ecke. Das ist ein Schlag ins Gesicht von jedem, der was organisiert. Und es gibt Ideen, die man auch umsetzen könnte. Zumindest sollte man hier Möglichkeiten lassen.“
- „Zu spät dran bei den Kontrollen aus gefährdeten Urlaubsregionen, und nun mit blindem Aktionismus den Karneval verhindern: Man muss unterscheiden zwischen Straßenkarneval und Karneval in geschlossenen Räumen.“
- „Wir haben bereits einen Sturm abgesagt, wir sagen auch Corona ab! Tausende Karnevalisten lassen sich nicht einschüchtern!“
… ziehen Vergleiche zu anderen Events, die nicht abgesagt werden bzw. wurden
- „Solange Menschen auf engstem Raum in Flugzeugen, Bussen und Bahnen sitzen, ist es völliger Unfug die Fastnacht ausfallen zu lassen. Geänderte Konzepte und andere Formate werden gefunden, aber ausfallen lassen kann keine Option sein.“
- „Auf Malle Party ohne Ende und in Deutschland wird Karneval verboten - noch behämmerter geht es kaum?“
- „13.000 in Düsseldorf zum Konzert [Anm.: siehe hier] aber keine Karneval Sitzung. Echt klasse.“
- „Wenn Karneval abgesagt wird, muss auch der Weihnachtsmarkt abgesagt werden.“
- „Dann aber auch gleich die Après-Ski Partys verbieten.“
- „Rosenmontagumzug verbieten, aber Demonstrationen erlauben?“
… sind der Meinung, dass Fastnacht gar nicht abgesagt werden kann
- „Man kann Karneval nicht absagen, dann machen die Menschen es eben auf eigene Faust.“
- „Ein "Verbot von Karneval" […] heißt ja nicht, dass alle Kneipen zu haben müssen.“
- „Fällt Weihnachten dann auch aus? […] Karneval ausfallen lassen geht ja irgendwie nicht.“
- „Karneval ist ein Gefühl, das kein Spahn verbieten kann. In den Kneipen und auf den Straßen wird gefeiert. Was will er machen? Nichts! Jeder muss sich aber auch klar sein, das er sich anstecken kann, aber ein Lebensgefühl, kannst du nicht unterdrücken.“
… empfinden eine (mögliche) Absage als zu früh
- „Und das weiß Herr Spahn schon über Monate vorher? Respekt!“
- „Rosenmontag ist in 6 Monaten. So lange plant man jetzt schon diese Gängelei weiter.“
- „Spahn sollte Wahrsager werden, denn er weiß im Sommer schon, wie es im Winter wird.“
… argumentieren, dass man sich mit Corona langfristig arrangieren muss und nicht alles absagen kann
- „Mal darüber nachgedacht was passiert, wenn in naher Zukunft kein Impfstoff gefunden wird? Wir sollten lernen mit dem Virus zu leben als ständig im Krisenmodus zu bangen.“
- „Langsam hat man das Gefühl, man darf nur noch arbeiten, essen und schlafen. Jeglicher Spaß ist untersagt.“
- „Es mögen die richtigen Entscheidungen sein. Aber wer will denn noch so leben?“
- „Das wird nicht das letzte sein, was uns verboten wird. Wir sollen nur noch arbeiten gehen.“
- „Nüchtern betrachtet ha man in diesem Frühjahr im Rheinland Karneval gefeiert mit hunderttausenden Menschen und der große Krankheitsausbruch ist ausgeblieben.“
- „Am Anfang des Jahres war es kein Problem. In Köln lassen wir uns den Karneval nicht verbieten!“
Fazit
Die Ergebnisse spiegeln die Gesamtsituation in Deutschland wider: Die meisten Menschen haben Respekt vor der Erkrankung und wünschen sich die Einhaltung der Verhaltens- und Hygieneregeln. Diese sind aber aus ihrer Sicht nicht mit einer Großveranstaltung wie Fastnacht zu vereinbaren. Die Reaktionen zeigen auch, dass die Menschen kaum Hoffnung haben, dass sich in den nächsten 6 Monaten die Situation wesentlich zum Guten verändern wird. Selbst in den Karnevalshochburgen findet Jens Spahn Vorstoß große Unterstützung in der Bevölkerung.
Da wir glauben, dass wir zur weiteren Planung die Meinungen der Närrinnen und Narrhallesen gerne noch etwas genauer wissen sollten, wird im September in Zusammenarbeit mit der Allgemeinen Zeitung Mainz eine Umfrage statt finden. Hierzu wird es dann weitere Informationen auf dieser Webseite geben.